Stefan und das Donauwasser

stefan_portraitIch traf Stefan vor einigen Jahren und durfte einige seiner Reisen aus der Ferne beobachten. Vom Radtripp quer durch Italien bis zum Kanufahren am Gardasee. Stefan ist Minimalist. Er möchte das, was er besitzt, in drei Taschen mitführen können. Er liebt Gadgets. Kleine Dinge, die das Leben erleichtern. Weil das Leben sonst ohnehin schwer genug ist. Seine Reisen entstehen einfach so, aus einem Gedankenblitz, ohne große Planung. Im Sommer 2016 ist Stefan bei Passau in See gestochen, mit einem fünf Meter langen, quietschgrünen Kanu, sein Ziel war das Schwarze Meer. Wie immer auf seinen Reisen hatte er gute, sinnvolle Gadgets mit und die Reise nicht komplett durchgeplant. Die Idee zu dieser Reise kam ihm, weil er 2013 dieses Boot ersteigert hat, erzählt er. 2014 war er dann eine Woche am Gardasee unterwegs, danach ein wenig Wildwasserpaddeln, mit einem anderen Boot. Die Zeit für längere Touren fehlte. Im Sommer 2016 war es dann endlich soweit – Zeit für eine große Tour. Der Ansatz war, in Passau zu starten und so lange zu fahren, wie es Spaß macht. Das Ziel war, ohne Ziel zu reisen.

bootBei der Frage nach dem lustigsten Reiseerlebnis lächelt er. Stefan ist kein Mann der großen Gefühle. Aber dieses Lächeln vermittelt, wie sehr ihn die Situation amüsiert hat. „Es war ein sehr lustiges Erlebnis, kurz vor Wien, bei Korneuburg, gibt es einen Durchstich, sozusagen eine Abkürzung, die bin ich gefahren. Ich sah am Ufer eine Imbissbude stehen, es war schon später Abend, und plötzlich rief jemand herunter „na heaßt, des hob ich schon schneller gesehen“, da wusste ich, ich bin in Wien. Das war für mich als Tiroler beeindruckend“, erzählt er. Und grinst von einem Ohr zum anderen. Stefan reist mit Zelt und campt am Ufer der Donau, immer dort, wo es ihn zufällig hinträgt. Meistens versorgt er sich selbst, kocht sich sein Abendessen auf dem kleinen Campingkocher – Minimalismus mit perfekten Gadgets.

stefan_bootWas ihn am meisten beeindruckt hat, war die innere Wandlung auf der Reise. „Ich war zu Beginn der Reise sehr verschlossen, habe dann eine Gruppe Ungarn getroffen, das war für mich im Nachhinein das schönste Erlebnis. Ich habe gemerkt, wie schnell das geht, wenn Du ein wenig offen bist, in eine Gruppe integriert zu sein, dass Menschen sich um Dich kümmern und Du Dich um sie, das war super. Ich bin mit der Gruppe bis Budapest gereist, das war wunderschön für mich“, erzählt Stefan. Bei der Frage nach dem schrecklichsten Erlebnis muss er lange nachdenken.

stefan_schirmDas Reisen an sich sei so beeindruckend schön, dass er meist nichts daran schlimm fände, meint er. Einzig einmal, das fällt ihm nach einer langen Denkpause ein, da hätte es ihn ordentlich erschreckt. Weil er auf den langen Strecken auf der Donau oft gelesen und dabei einen Schirm aufgespannt habe, um den Wind zu nützen. Das sei nicht viel Kraft, die da wirke, aber das Boot bewege sich ein wenig schneller. Das Buch sei extrem spannend gewesen und erst, nachdem er mehrmals ein lautes Hupen gehört habe, habe er hochgeblickt und den großen Frachter gesehen, der versuchte, abzudrehen. Für einen Mann in einem kleinen Kanu eine große Begegnung.

Tipps für andere Reisende?

Ja, sagt er, da habe er einige. Und jetzt leuchten seine Augen, dieses ganz bestimmte humorvolle Leuchten, mit dem er offenbar das Leben betrachtet.

boot_stefan„Auf viel nackter Haut haben viele Mücken Platz“, sagt Stefan, und „das nächste Mal werde ich kein Wasser mehr aus dem Fluss trinken, das hat mir nicht gut getan.“ Wir lachen beide, denn die Mückenfrage beschäftigt wohl jeden Reisenden intensiv. Immer wieder. Die Dauer-Verbundenheit mit der Außenwelt via Smartphone, das habe ihn ebenfalls total gestört. Das würde er nächstes Mal einfach zu Hause lassen. Und, so meint er mit einem schelmischen Grinsen, „wenn Du zu nahe am Wasser schläfst, kann es sein, dass der Fluss in der Nacht zu Dir ins Zelt kommt“.

Die Gepäckfrage sei bei so einer Reise etwas, das man sich vorher gut überlegen müsse. Ab und an habe es ihn enorm genervt, jeden Morgen das ganze Hab und Gut wieder auf kleinstem Raum verstauen zu müssen, das sei sein Tipp an alle Reisenden. Sich einfach gut zu überlegen, mit wieviel Gepäck man gut umzugehen wisse, das einfach sehr gut im Vorfeld zu überdenken, das sei sein wichtigster Tipp.

Die nächsten Reisepläne?

Eine Motorradreise, das wäre noch ein Traum, sagt der lächelnde Stefan, irgendwo weiter weg, mal 8.000 Kilometer. Ich lade ihn ein, mich ans Nordkap zu begleiten und da ist es wieder, das Lächeln, das unergründliche.

Stefan ist Tischler, selbstständig und in Ausbildung zum Sterbebegleiter.